Nervenverletzungen der Hand | Prof. Dr. med. Helen Abel

In der Regel entstehen Nervenverletzungen durch eine offene Verletzung, meist Schnittverletzungen (wie beispielsweise die Avocado Hand). Prinzipiell gibt es drei Stammnerven im Bereich des Unterarms und der Hand: Nn. Ulnaris, radialis, und medianus. Sie sind für die sensiblen Empfindungen und die Beweglichkeit von Hand und Finger verantwortlich. Entsprechend der Schädigungshöhe und des Schädigungsgrads kommt es zu einer Gefühlsminderung, einem vollständigen Sensibilitätsverlust oder sogar zu einer Lähmung der betroffenen Muskeln.

Bleibt die Nervenverletzung unbehandelt oder ist sehr weit proximal kommt es im weiteren Verlauf zu einer Muskelatrophie mit entsprechendem Funktionsverlust der nicht mehr versorgten Muskeln.

Ferner können sich an nicht wieder verbundenen Nervenendigungen durch eine übermäßige Nervenregeneration schmerzhafte Neurome ausbilden.

 

Diagnose und Untersuchung

 

Nach einer offenen Verletzung an der Hand oder den Finger muss immer die periphere Neurologie untersucht werden. Sollte sich hier ein sensibles Defizit zeigen und dieses passend zu den im Bereich der Verletzung liegenden Nerven sein, so muss die operative Exploration erfolgen. Mittels Neurosonographie kann der Nerv in seiner Kontinuität dargestellt werden. Bei geschlossenen Verletzungen oder postoperativen Nervenausfällen bedarf es eventuelle einer Nervenleitgeschwindigkeitsmessung durch den Neurologen.

 

Konservative Therapie

 

Offene Verletzungen mit Verdacht auf eine Nervenverletzung sind Domänen der operativen Therapie.

 

Operative Therapie: Karpaltunnelsyndrom

 

Der verletzte Nerv wird unter Lupenbrillenvergrößerung oder mit Hilfe eines Operationsmikroskops dargestellt. Meist kann der Nervenstrang schlicht wieder zusammengenäht werden. Manchmal bedarf es jedoch auch einer zusätzlichen Nerventransplantation. Hierzu wird an anderer Stelle, z. Bsp. Unterarm oder Unterschenkel, ein Nerv an entnommen und zwischen die beiden Nervenenden eingenäht.

 

Nachbehandlung

 

Je nach Lokalisation der Nervenverletzung und Spannung die auf der Naht liegt, wird kurzzeitig eine Schiene zur Entlastung angelegt. Meist darf der Patient frei bewegen, Belasten ist nach 4-6 Wochen möglich. Eine Handtherapie zur Unterstützung der Nervenregeneration wird meist empfohlen. Fadenzug erfolgt nach 12-14 Tagen.
Wichtig ist zu wissen, dass es auch nach erfolgreicher Nervennaht oft mehrere Monate dauert, bis das Gefühlsempfinden im Bereich der betroffenen Fingerspitze wieder intakt ist, da der Nerv an der durchtrennten Stelle regenerieren und in seiner Leitungsbahn nachwachsen muss.