Kahnbeinpseudarthrose (Skaphoidpseudarthrose) München | Prof. Dr. med. Helen Abel

Bleibt die Heilung des Kahnbeinbruchs aus, was zu einer Art „Falschgelenkbildung“ führt, so spricht man von einer Kahnbeinpseudarthrose.

 

In der Regel liegt der Pseudarthrosenausbildung ein nicht erkannter und damit nicht behandelter Kahnbeinbruch zugrunde. Allerdings können aufgrund der generell schlechten Durchblutung dieses Handwurzelknochens auch behandelte Kahnbeinbrüche nicht heilen und damit zur Pseudarthrose führen. Einzelnen Studien zufolge liegt die Neuerkrankungsrate bei 4–11 %.

 

Oftmals bleibt eine Kahnbeinpseudarthrose über viele Jahre unerkannt und zeigt sich oft erst als Zufallsbefund bei einer Röntgenuntersuchung (z. B. anlässlich eines erneuten Sturzes). Bleibt die knöcherne Durchbauung zwischen dem fünften und neunten Monat nach Skaphoidfraktur aus, so spricht man von einer verzögerten Frakturheilung (delayed union). Dieser Zustand ist wegen der noch bestehenden Möglichkeit zur Selbstheilung von einer Skaphoidpseudarthrose abzugrenzen.

 

Im Verlauf einer Pseudarthrose kommt es zunehmend zu arthrotischen Veränderungen des Handgelenks mit allmählich zunehmenden Beschwerden. Bei 33–86 % der Patienten wird eine Instabilität der Handwurzel mit nachfolgendem karpalem Kollaps beobachtet.

 

Untersuchung und Diagnose

 

Bei den meisten Patienten bestehen belastungsabhängige Schmerzen im Handgelenksbereich, die  grobe Kraft ist stark reduziert.  Bei der Betastung zeigt sich in der Regel ein deutlicher Druckschmerz im Bereich der Tabatiere.

 

Die Diagnostik erfolgt durch konventionelle Röntgenaufnahmen des Handgelenks und durch eine hochauflösende Computertomografie (CT). Mit ihr lässt sich der Nachweis von Fehlstellungen, Stauchungszonen oder Verschiebungen im Skaphoid- und Handwurzelbereich hervorragend dargestellt. Die Durchblutungssituation des Skaphoids kann durch Kernspintomografie (MRT) mit Kontrastmittelgabe erbracht werden. Zur Detektion von arthrotischen Veränderungen im Handgelenksbereich kann eine diagnostische Handgelenksarthroskopie hilfreich sein.

 

Konservative Therapie

 

Konservative Maßnahmen wie Ruhigstellung, Elektrostimulation oder Stoßwellentherapie sind selten erfolgreich. Auch die Behandlung mit niedrig gepulstem Ultraschall führt nur bei Frakturen mit verzögerter Heilungstendenz, nicht jedoch bei Skaphoid-Pseudarthrosen hin und wieder zu befriedigenden Ergebnissen.

 

Operative Therapie

 

Da die unbehandelte Kahnbeinpseudarthrose im Lauf der Jahre zu einer zunehmenden und sehr schmerzhaften Arthrose des Handgelenks mit Zerstörung der Gelenkflächenführt, sollte eine Pseudarthrose möglichst frühzeitig operiert werden. Umso geringer die bereits eingetretenen sekundärarthrotischen Veränderungen sind, umso günstiger ist die weitere Prognose für den Patienten.

 

Es kommen im Wesentlichen folgende operativen Verfahren zur Anwendung:

 

Einbringung eines konventionellen Beckenkammspanes oder Knochenspanes aus dem Unterarmknochen (Speiche) und Stabilisierung mittels einer kanülierten Doppelgewindeschraube oder einer kleinen winkelstabilen Platte. Oder Einbringung eines vaskularisierten Spans vom Unterarm (Speiche) bzw. in Ausnahmefällen auch vom Oberschenkelknochen.

 

Für spezielle Fälle stehen weitere Operationsverfahren zur Verfügung. Manchmal wird zusätzlich die Handgelenksarthroskopie eingesetzt. Wegen der Komplexität dieses Themas sollte die operative Methode nur nach sorgfältiger Analyse des jeweiligen Falles ausgewählt werden.

 

 Bei der Rekonstruktion einer Kahnbeinpseudarthrose handelt es sich um eine komplexe und je nach Verfahren mehrstündige Operation, die nur ein sehr erfahrener Handchirurg durchführen sollte. Häufig ist eine Vollnarkose erforderlich.

 

Nachbehandlung

 

Das Handgelenk wird in einer Unterarmschiene für 6 bis 8 Wochen ruhiggestellt, um eine Einheilung zu ermöglichen. Ferner erfolgt eine Röntgenkontrolle nach dem Eingriff. Das Nahtmaterial wird nach 12 bis 14 Tagen entfernt. Nach 6-8 Wochen erfolgt die erneute Röntgenkontrolle und bei Anzeichen eines knöchernen Durchbaus wird mit der Handtherapie begonnen. Etwa 12 Wochen nach der Operation erfolgt nochmals eine Kontrolle mittels Dünnschicht-CT. Zu diesem Zeitpunkt kann mit zunehmender Aufbelastung des Handgelenks begonnen werden.